2. Der Ball zu Sceaux (1830)

Szenen aus dem Privatleben

By Édouard Toudouze - Honoré de Balzac,
The Dance at Sceaux. Philadelphia:
George Barrie & Son, 1897, Public Domain
Nachdem ihr Vater, der königstreue Graf de Fontaine, alle seine Töchter und Söhne erfolgreich unter die Haube gebracht hat, bleibt als einzige noch seine jüngste Tochter Émilie de Fontaine übrig. Emilie stellt hohe Anforderungen an ihren Zukünftigen und hat sich in den Kopf gesetzt, nur einem Hochadeligen (Pair) das Ja-Wort zu geben. Hochmütig weist sie alle Bewerber ab, die ihr Vater für sie auswählt. Auf dem Landsitz ihres Schwagers lernt sie auf dem wöchentlich stattfindenden Ball von Sceaux den jungen Maximilien Longueville kennen. Dieser umsorgt eher seine kränkliche Schwester Clara und bringt Émilie anfänglich keine große Aufmerksamkeit entgegen. Aber Émilies Interesse ist geweckt. Unterstützung findet sie bei ihrem Werben um den Unbekannten durch ihren greisen Onkel Admiral de Kergarouet, der die nähere Bekanntschaft herbeiführt. Maximilien und sie verlieben sich ineinander. Vor ihr und der Familie hält Maximilien seine Identität aber weiterhin geheim. In seinem Äußeren, seinen Umgangsformen und Kenntnissen besitzt Maximilien alle Eigenschaften, die nach Ansicht Émilies einen Pair auszeichnet. Alle sind begeistert und ihr Wunsch steht offensichtlich kurz vor der Erfüllung.

Um so schockierter ist Émilie, als sie bei einem Einkaufsbummel mit ihren Schwägerinnen Maximilien zufällig als Angestellten eines Bekleidungsgeschäftes erkennt. Ihre Träume lösen werden von Verbitterung abgelöst. Sie nimmt wieder ihre hochmütige Art an und heiratet zum Unverständnis ihrer Umgebung ihren Onkel, den 72 jährigen vermögenden Admiral Kergarouet. Auf einer Einladung lernt Emilie den Diplomaten und Bruder von Maximilien kennen. Von diesem erfährt sie, dass Maximilien zugunsten der Karriere des Bruders sowie der Betreuung der kranken Schwester sein eigenes Fortkommen zurückgestellt hat. Zwei Jahre nach der Heirat von Émilie begegnet ihr Maximilien in strahlender Gestalt als neuer Pair von Frankreich, nachdem sein Vater und Bruder verstorben sind.

Für Émilie haben am Ende Standesdünkel und Formalitäten ihr Leben entschieden. Balzac benutzt in diesem ab 1830 veröffentlichten kleinen Roman zum ersten Mal mit Maximilien eine männliche Person als Inbegriff des aufopfernden Lebens, der am Ende als moralischer Sieger der Geschichte dasteht.    

„Bewaffnet mit der Erfahrung ihrer zwanzig Jahre verdammte sie das Schicksal, das sie, im Nichtwissen, dass die Hauptursache des Glücks in uns selbst liegt, von den Außendingen des Lebens verlangte, sie sollten es ihr geben.“

(66 Seiten)

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